Wie wird manuelle Lymphdrainage bei Lymphödem und Lipödemen verordnet?

Die manuelle Lymphdrainage (MLD) ist eine spezielle Massagetechnik, die die Haut und die darunterliegende Schicht leicht dehnt. Ihr Ziel ist es, das Lymphsystem zu aktivieren, um die Lymphflüssigkeit zum Abfluss anzuregen. Deshalb wird die MLD zur Behandlung von Lipödemen, einer Fettverteilungsstörung, und Lymphödemen, einer Ansammlung von Lymphflüssigkeit im Gewebe, angewendet. Aber wie bekommt man manuelle Lymphdrainage auf Rezept verschrieben? Dieser Frage gehen wir nach, basierend auf den neuesten Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 19. Januar 2023, die am 12. April 2023 in Kraft traten.

Manuelle Lymphdrainage wird als Heilmittel vom Arzt verordnet.
Manuelle Lymphdrainage wird als Heilmittel vom Arzt verordnet.

Grundlagen für die Verordnung von manueller Lymphdrainage

Die manuelle Lymphdrainage (MLD) wird gemäß der Heilmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses verordnet. Diese Richtlinie legt die Verordnung von Heilmitteln im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung fest. Der Heilmittelkatalog befindet sich im zweiten Teil dieser Richtlinie. Wichtig zu wissen: Heilmittel sind persönlich zu erbringende medizinische Leistungen. Das bedeutet, dass Geräte wie der Lymphomat für die apparative Lymphdrainage, z.B. die Intermittierende Vakuumtherapie (IVT), nicht darunter fallen, sondern nur die manuelle Lymphdrainage zu den Heilmitteln zählt. Für die Verordnung der MLD wird ein spezieller Vordruck verwendet, auf dem alle notwendigen Details angegeben werden müssen.

Was muss ich nach Erhalt der Verordnung beachten?

Nach Erhalt dieser Verordnung der Lymphdrainage muss die Behandlung innerhalb von 28 Kalendertagen beginnen. Bei dringendem Behandlungsbedarf sogar innerhalb von 14 Tagen. Wie oft und in welchem Abstand die Behandlungen stattfinden sollen, steht ebenfalls auf der Verordnung und muss vom Therapeuten eingehalten werden. Sollte es nötig sein, von dieser Vorgabe abzuweichen, sind zusätzliche Schritte notwendig. Eine Unterbrechung der Lymphdrainagen-Behandlung ohne Begründung darf 14 Tage nicht überschreiten.

Wer darf manuelle Lymphdrainage durchführen?

Die manuelle Lymphdrainage (MLD) ist eine spezielle Technik innerhalb der Physiotherapie und wird gemäß §18 Massagetherapie der Heilmittel-Richtlinie klassifiziert. Der Physiotherapeut oder Masseur benötigt eine spezielle Fortbildung, um die MLD durchführen zu dürfen.

 

Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die manuelle Lymphdrainage?

Wenn ein Vertragsarzt die manuelle Lymphdrainage verschreibt, übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die anfallenden Kosten für die Therapie. Allerdings sind die Patienten verpflichtet, eine gesetzliche Zuzahlung zu leisten. Gemäß § 61 SGB V 10% beträgt diese Zuzahlung 10% der Heilmittelkosten sowie 10 EUR pro Verordnung.

Manuelle Lymphdrainage am Bein

Welche Behandlungszeiten sind bei der manuellen Lymphdrainage verordnungsfähig?

Anwendung bei leichtgradigen Lymphödemen, Ödemen oder Schwellungen

Behandlung eines Körperteils wie 

  • eines Armes oder Beines oder
  • des Rückens,
  • des Kopfes einschließlich des Halses oder
  • des Rumpfes
     

Anwendung bei Lymphödemen, Phlebo-Lymphödemen oder Lipödem 

Behandlung von zwei Körperteilen wie

  • eines Armes und eines Beines, 
  • eines Armes und des Kopfes einschließlich des Halses, 
  • beider Arme oder 
  • beider Beine
     

Anwendung bei schwergradigen Lymphödemen oder Lipödem

Behandlung von zwei Körperteilen wie

  • eines Armes und eines Beines, 
  • eines Armes und des Kopfes einschließlich des Halses, 
  • beider Arme oder 
  • beider Beine. 

Bei schwergradigen Lymphödemen mit Komplikationen durch Strahlenschädigungen (mit z. B. Schultersteife, Hüftsteife oder Plexusschädigung) zur Behandlung eines Körperteils wie 

  • des Kopfes einschließlich des Halses 
  • eines Armes oder -
  • eines Beines
     

Zusatzinformationen

Während der Entstauungsphase im Rahmen der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie (KPE) sollte nach der MLD eine Kompressionsbandagierung erfolgen. Wenn sich das Ödem nicht mehr verändert, wird in der Erhaltungsphase nach der MLD die Kompressionskleidung wie z.B. individuelle flachgestrickte Kompressionsstrümpfe angelegt. Kompressionsbinden müssen separat als Verbandmittel verschrieben werden.

Wie oft kann manuelle Lymphdrainage verordnet werden?

Wenn Sie an einem Lipödem oder Lymphödem leiden, fragen Sie sich vielleicht, wie oft Sie eine manuelle Lymphdrainage in Anspruch nehmen können. Die Antwort hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Art und Schwere der Erkrankung, den daraus folgenden Schädigungen und Beeinträchtigungen und dem Therapieziel
  • Verordnungsgrenzen: Laut Heilmittelkatalog können bei Lymphabflussstörungen (LY)  bis zu 6 MLD-Behandlungen pro Verordnung verschrieben werden. Das entspricht der sogenannten Höchstmenge.
  • Behandlungsfrequenz: Es ist möglich, bis zu 30 MLD-Einheiten (orientierende Behandlungsmenge) in Anspruch zu nehmen, wobei die Behandlungen 1 bis 3 Mal pro Woche stattfinden sollten.
  • Ergänzende Heilmittel: Neben der MLD können Wärmetherapie, Kältetherapie, Elektrotherapie und Übungsbehandlung verordnet werden. 

Abweichende Regelungen gelten für Versicherte mit einem langfristigen Heilmittelbedarf.

Langfristiger Heilmittelbedarf bei Lymphödem

Wenn Sie an einem Lymphödem leiden, könnten Sie Anspruch auf einen langfristigen Heilmittelbedarf haben. Dies bedeutet, dass Sie mindestens ein Jahr lang regelmäßig Heilmittel wie diemanuelle Lymphdrainage benötigen. Laut § 32 Absatz 1a SGB V in Verbindung mit Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie sind bestimmte Ausprägungen des Lymphödems dafür qualifiziert, und es ist kein gesondertes Antrags- und Genehmigungsverfahren erforderlich.

  • Lymphödem der oberen und unteren Extremität(en) im Stadium II (ICD-10: I89.01) oder Stadium III (ICD-10: I89.02)
  • Lymphödem, sonstige Lokalisation, im Stadium II (ICD-10: I89.04) oder Stadium III (ICD-10: I89.05)
  • Lymphödem nach (partieller) Mastektomie (mit Lymphadenektomie) im Stadium II (ICD-10: I97.21) oder Stadium III (ICD-10: I97.22)
  • Lymphödem nach medizinischen Maßnahmen am axillären Lymphabflussgebiet im Stadium II (ICD-10: I97.82) oder Stadium III (ICD-10: I97.83)
  • Lymphödem nach medizinischen Maßnahmen am inguinalen Lymphabflussgebiet im Stadium II (ICD-10: I97.85) oder Stadium III (ICD-10: I97.86)
  • Hereditäres Lymphödem der oberen und unteren Extremität(en) im Stadium II (ICD-10: I89.01) oder Stadium III (ICD-10: I89.02)
  • Hereditäres Lymphödem, sonstige Lokalisation, im Stadium II (ICD-10: I89.04) oder Stadium III (ICD-10: I89.05)
  • Hereditäres Lymphödem der oberen und unteren Extremität(en) im Stadium II (ICD-10: Q82.01) oder Stadium III (ICD-10: Q82.02)
  • Hereditäres Lymphödem, sonstige Lokalisation, im Stadium II (ICD-10: Q82.04) oder Stadium III (ICD-10: Q82.05)

Manuelle Lymphdrainage und andere notwendige Heilmittel können im Falle eines langfristigen Heilmittelbedarfs für eine Behandlungsdauer von bis zu 12 Wochen verschrieben werden (§ 7 Absatz 6 Heilmittel-Richtlinie).

Besonderer Verordnungsbedarf bei Lipödem

Wenn Sie an einem Lipödem leiden, gibt es spezielle Regelungen für die Verordnung der manuellen Lymphdrainage. Für Patientinnen mit Lipödem im Stadium I, II und III besteht ein besonderer Verordnungsbedarf. Dieser wurde vom GKV-Spitzenverband und der KBV in Anhang 1 zur Anlage 2 der Rahmenvorgaben nach § 106b Absatz 2 SGB V festgelegt.

  • Lipödem im Stadium I (ICD-10: E88.20)
  • Lipödem im Stadium II (ICD-10: E88.21)
  • Lipödem im Stadium III (ICD-10: E88.22)

Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE)

Bei einem Lipödem kann die MLD nur im Rahmen der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie (KPE) verordnet werden. Diese Therapie kombiniert verschiedene Behandlungselemente:

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht immer alle diese Komponenten gleichzeitig notwendig sind.

Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE)

Die komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE) als Basistherapie bei Lymph- und Lipödemen.

Befristete Regelung 

Die aktuelle Regelung zur Verordnung der MLD bei Lipödem ist bis zum 31.12.2025 befristet.

Besonderheiten bei der Verordnung: 

Gemäß § 7 Absatz 7 der Heilmittel-Richtlinie gelten für den besonderen Verordnungsbedarf dieselben Vorgaben wie für den langfristigen Heilmittelbedarf. Das bedeutet, dass MLD und andere notwendige Heilmittel für eine Behandlungsdauer von bis zu 12 Wochen verordnet werden können.


Das könnte Sie auch interessieren: