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Praxisnahe Vorträge

Bamberger Seminar für Orthopädie und Unfallchirurgie beleuchtet § 299 StGB.

Reges Interesse herrschte beim Bamberger Seminar für Orthopädie und Unfallchirurgie.
Reges Interesse herrschte beim Bamberger Seminar für Orthopädie und Unfallchirurgie.

Die Einführung von § 299 StGB zur Korruption im Gesundheitswesen hat 2016 große Wellen geschlagen und zu Verunsicherung bei Ärzteschaft und Leistungserbringern geführt. Grund genug, das Thema auf die Agenda des 27. Bamberger Seminars für Orthopädie und Unfallchirurgie zu setzen. Dazu begrüßte der Ärztliche Kreisverband Bamberg am 12. November 2016 rund 65 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Neben spannenden medizinischen Fachvorträgen erwartete sie ein fundierter Überblick über die aktuelle Rechtslage.

Nervenkompressionssyndrome im Fuß – mit diesem Thema gab der medizinische Leiter des Seminars Dr. Dr. med. Andreas Först den Auftakt zum Vortragsprogramm. „Der Fuß ist ein belastetes Organ“, erklärt der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Durch die Last des Körpergewichts sowie Druck- und Zugkräfte auf die Weichteile, häufig in Verbindung mit Fußdeformitäten, könne es zur Einengung von Nervenbahnen kommen. Schmerzen, Sensibilitätsstörungen und in seltenen Fällen motorische Ausfälle sind die Folge. Ob Tarsaltunnelsyndrom, Jogger's Foot, Baxter-Nerv, Bordelon-Syndrom oder Morton-Metatarsalgie – bei der Diagnose ist immer auch die Differenzierung von anderen Beschwerden wie Fersensporn oder Polyneuropathie zu beachten, betont Först. Zur Behandlung rät er grundsätzlich zunächst zur konservativen Therapie und nur, wenn diese nicht anschlägt, zur Neurolyse. Oft liege es aber schon an Schuhwerk und Einlagen, die man sich genau ansehen sollte.

Einen aktuellen Überblick zu Diagnostik und Therapie bei patellofemoraler Instabilität gab Dr. med. Jörg Dickschas vom Bamberger Klinikum am Bruderwald. Der Oberarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie weiß um die Behandlungsbedürftigkeit von Dysbalancen: Erstluxationen würden heute meist konservativ therapiert werden, vorzugsweise mit patellamedialisierenden Bandagen statt mit Streckschienen. Doch bei habitueller Luxation kann eine operative Korrektur angezeigt sein, da das Gelenk sonst in kurzer Zeit degeneriert. Dabei gibt es nicht die eine OP-Technik für alle Patienten, so Dickschas. Vielmehr gelte es, Ursachen wie Patella alta, Valgus-Knie oder Trochleadysplasie zu erkennen und entsprechend zu behandeln. Dazu gibt es in der Diagnostik eine Reihe von Anhaltspunkten, zum Beispiel Torsion, Q-Winkel, J-Sign, Apprehension Sign sowie in der Bildgebung Achsenstellungen und TTTG-Abstand.

Über den postoperativen Einsatz medizinischer Kompressionsstrümpfe nach TEP sprach Dr. med. Christian Lange, Chefarzt an der Median Hohenfeld-Klinik Bad Camberg. Von der orthopädischen Reha-Klinik werde erwartet, dass nach Gelenkersatz eine Beweglichkeit von 90° wiederhergestellt wird, so der Mediziner. Es blieben nur drei Wochen, um den Patienten fit zu machen, doch bei starken Schwellungen seien Reha-Maßnahmen nur eingeschränkt möglich. Aus seiner Erfahrung empfiehlt Lange deshalb medizinische Kompressionsstrümpfe: Schenkelstrümpfe in Kompressionsklasse 2 mit offener Spitze sollten nach der OP sechs Wochen lang tagsüber getragen werden. Dabei geht es weniger um Thromboseprophylaxe als darum, Schwellungen schnell und dauerhaft zu reduzieren. Die Strümpfe seien verordnungsfähig und effektiver als wiederholte manuelle Lymphdrainagen ohne Kompression.

Den Abschluss des Seminars machten Rechtsanwalt Jan Schabbeck und Diplom-Pflegewirt Thorsten Müller mit dem aktuell viel diskutierten Thema „Ärztliche Kooperationen – Worauf sollten Ärzte achten?“. Schabbeck, Fachanwalt für Medizinrecht, gab einen Überblick, was der neue § 299 StGB für Ärzte bedeutet. Im Unterschied zu vielen seiner Fachkollegen sagt er: „So viel ändert sich nicht.“ Denn die ärztliche Berufsordnung habe bisher schon unerlaubte Zuweisungen und Zuwendungen untersagt. Verstöße konnten und können nach wie vor Regressforderungen, berufsrechtliche Konsequenzen sowie den Ausschluss von der Versorgung gesetzlich Versicherter und die Bestrafung wegen Abrechnungsbetrugs und Untreue nach sich ziehen. Das neue Strafrecht mit Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren kommt jetzt zusätzlich ins Spiel. Es greift erst dann, wenn eine Unrechtsvereinbarung in dem Sinne vorliegt, dass ein Vorteil für eine zukünftige Bevorzugung im Wettbewerb gewährt wird. Welche Kooperationen nun noch erlaubt sind und was verboten ist, beantwortete Pflegewirt Thorsten Müller: Einerseits seien Kooperationen vom Gesetzgeber sogar gewünscht – so sind etwa Krankenhäuser ab 2017 verpflichtet, Versorgungsnetzwerke aufzubauen. Andererseits besteht das Zuweisungsverbot fort, wonach Ärzte keine Empfehlungen aussprechen dürfen – auch nicht in Form von Werbung im Wartezimmer oder Therapeutenlisten. Ausnahme: Der Patient fragt von sich aus danach oder benötigt einen besonders qualifizierten Leistungserbringer.

Mit brandaktuellen Themen wie diesem und regen Diskussionen war das Seminar auch dieses Mal wieder eine lohnende Gelegenheit zur Weiterbildung, die von der Akademie für Fortbildung der Bayerischen Landesärztekammer anerkannt und zertifiziert wird. Die Organisation des Seminars hatte der Ärztliche Kreisverband an den Sponsor Ofa Bamberg übertragen. Die nächste Veranstaltung findet am 13. Mai 2017 statt.

 

Hier finden Sie die Pressemitteilung und Bildmaterial zum Herunterladen:

Pressemitteilung Bamberger Seminar für Orthopädie und Unfallchirurgie 359,0 KB

Bildmaterial Bamberger Seminar für Orthopädie und Unfallchirurgie 1,2 MB