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Ärzte unter Generalverdacht?!

Vortrag im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie 2015.

Dipl. - Pflegewirt Thorsten Müller und Jan P. Schabbeck, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht

Die etwa 100 Plätze des Konferenzsaals im historischen Ziegelbau füllten sich schnell, als Ofa Bamberg am frühen Freitagnachmittag zum Vortag 2Ärzte unter Generalverdacht?! Kooperation in Zeiten des neuen § 299a StGB" einlud. Ein Thema, das von der Ärzteschaft offensichtlich mit großem Interesse verfolgt wird.

Jan P. Schabbeck, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht versicherte gleich zu Beginn: "Ich möchte Sie nicht als Experten im Strafrecht ausbilden, aber ich möchte Ihnen einen Überblick verschaffen." Denn obwohl Kammern, Krankenversicherungen sowie Rechtswissenschaftler massiv gegen den Gesetzesentwurf zur Bestechlichkeit im Gesundheitswesen vorgegangen sind, rechnet Schabbeck damit, "dass er so Gesetz wird." Das heißt, bei Verstößen drohen bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder erhebliche Geldstrafen. In besonders schweren Fällen, die laut § 300 (1) StGB vorliegen, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, kann die Freiheitsstrafe sogar auf bis zu fünf Jahre ausgeweitet werden. Schließen sich mehr als drei Beteiligte zu einer Kooperation im Gesundheitswesen für eine gewisse Dauer zusammen und verbessern damit ihre Einnahmesituation, handeln also gewerblich, wäre der Tatbestand erfüllt. Schabbeck befürchtet eine falsche Regelungswirkung: "Meines Erachtens wird der neue § 299a StGB gewollte Zusammenarbeit, wie das Überleitungsmanagement, wegen der Angst vor Strafbarkeit behindern."

Nach dem rechtlichen Überblick ging Diplom-Pflegewirt Thorsten Müller der Frage nach, "was ist verboten und was ist erlaubt?" und wie darauf hin, das Thema nicht zu unterschätzen. Schließlich kann im Zuge des Strafverfahrens ein Ausübungsverbot nach § 70 StGB ausgesprochen werden. In der Folge kann dies zu einem Zulassungsentzug durch die Kassenärztliche Vereinigung führen.

Oft seien es alltägliche Kleinigkeiten, die man als juristischer Laie kaum als problematisch einstufen würde. Zur Zulässigkeit existierten eine Vielzahl von Urteilen. Es gilt beispielsweise, dass die Auslage von Werbegaben Dritter (bspw. Papiertaschentücher) im Wartezimmer unzulässig ist oder auf Terminkarten keine Sanitätshauswerbung erfolgen darf wie natürlich auf einer Homepage kein Link zu einer Apotheke gesetzt darf. Fragt der Patient hingegen gezielt nach, ist eine "intelligente Empfehlung" kein Problem, erklärt Müller.

Die praxisnahen Beispiele regten dazu an, die eigenen Routinen und Gegebenheiten zu hinterfragen, was sich auch an den zahlreichen Publikumsfragen bemerkbar machte. Doch auch wenn bislang keine Konsequenzen auf rechtswidriges Verhalten folgten, warnte Müller: Oft seien Beschuldigungen von Kontrahenten ausschlaggebend für einen Ermittlungsstart. Abschließend mahnt der Pflegewirt und Berater, im Fall einer Strafanzeige unbedingt Ruhe zu bewahren, alles offenzulegen, jedoch ausschließlich über den Anwalt zu kommunizieren und in keinem Fall auf einen Deal einzugehen: "Wenn Sie zahlen ist das ein Schuldeingeständnis."

 

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Pressemitteilung 193,6 KB
Bildmaterial 21,1 MB